Erfahrungsbericht Ralf Sieber

Schule kontaktieren: Über das BIDS Verbindung aufnehmen an der Deutschen Schule in den Partnerländern. Es ist sinnvoll das nicht auf eigene Faust zu unternehmen, da, so war es an meiner Schule in Quito, man sich vorstellen muss, dass die Schule jeden Tag eine Anfrage für einen Praktikanten bekommt. Da sind bestehende Kontakte durch das BIDS durchaus hilfreich bzw. unerlässlich. Jede Schule hat Kontaktlehrer die für die Betreuung der Praktikanten zuständig sind. An diese direkt wenden. An sie schickt man die Bewerbung (per email, alles andere dauert zu lange!) und sie können einem auch weiterhelfen bei weiteren Fragen, wie z.B. Kontaktlehrer der entsprechenden Lehrer, oder der Unterkunft (Es gibt Lehrer, die z.B. günstige Zimmer in ihrem Haus anbieten, oder andere die sogar kostenlos ein Zimmer zur Verfügung stellen, einfach unverbindlich nachfragen).
Stipendium: Wie die Punkte 2-5 verdeutlichen, hat für mich mein Praktikum im Ausland mit einer Bewerbung beim DAAD für ein Stipendium angefangen und aufgehört. Um den teuersten Posten des Praktikums abzudecken ─ den Flug ─ lohnt sich die zeitaufwendige Bewerbung beim DAAD bei der neben den Studiennachweisen auch Sprachzertifikate angefügt werden müssen. Alle weiteren Infos unter: <http://www.daad.de/ausland/download/05104.de.html >. Diese Bewerbung bedarf den längsten zeitlichen Vorlauf (sechs Monate mindestes sinnvoll!).
Vor der Reise: Je nachdem wo ihr hinwollt und was ihr für Reisen unternehmen wollt, müsst ihr euch um Visa, Impfungen, Auslandskrankenversicherung im Vorfeld kümmern (http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Sicherheitshinweise-Laenderauswahlseite.jsp ). Für Quito hieß das konkret: kein Visa (man darf bis zu drei Monaten sich im Land aufhalten, mind. noch 3 monatig gültiger Reisepass!), Tollwut, Tetanus, Gelbfieder und Hepatitisimpfung (siehe Empfehlung Auswärtiges Amt), da der Dschungel sich in der Nähe befindet (manche Krankenkassen erstatten die Impfkosten!).
Sprache: Am besten ist ihr könnt die Sprache eures Ziellandes fließend! Ihr seid trotz der deutschen Schule ständig von einheimischen umgeben, die oftmals kein deutsch können! Aber keine Angst, auch konnte kein fließendes Spanisch, aber Grundkenntnisse sind wichtig, den Rest bekommt man da mit! Der Schlüssel zum kennenlernen eines Landes ist die Sprache…( http://www.sprachenzentrum.uni-halle.de/)
Die Deutsche Schule Quito (Colegio Alemán Quito -CAQ) ist eine von mehreren Privatschulen im Einzugsbereich Quitos, die größte deutsche Schule in Ecuador und eine der größten deutschen Schulen in Südamerika und der Welt, mit ca. 1600 Schülern und rund 150 Lehrkräften. Die internationale Begegnungsschule wird umfangreich personell und finanziell durch die Bundesrepublik Deutschland unterstützt.
Die Schule bietet sowohl dem Lehrkörper als auch den Schülern nahezu perfekte Lernbedingungen und sorgt für einen reibungslosen Ablauf des Schulalltags. Dafür sorgen vor allem der gut ausgestattete Verwaltungsapparat und die zahlreichen zusätzlichen Bediensteten. So sind neben dem üblichen Direktorat der unterschiedlichen Schulbereiche noch Fachkräfte in Buchhaltung, Personalmanagement, Kompetenzleiter und Schatzmeister beschäftigt. Dazu kommen noch die vielen Helfer, die den Schulalltag in seiner Gänze überhaupt erst ermöglichen, wie: psychologischer Dienst, Krankenschwestern, Hausmeister, Gärtner, Küchenpersonal, Busfahrer, Bibliothekare, Rettungsschwimmer, Informatiker, Putzkräfte, Verkaufskräfte, Sicherheitspersonal, usw…
Dieses riesige Unternehmen mit mehr als 230 Angestellten kann auf eine sehr gute materielle Infrastruktur zurückgreifen. Wie viele der bereits angeklungenen Betätigungsfelder bereits andeuten, ermöglicht die Schule ein für die Schüler umfangreiches Lernbetätigungsfeld. So sind neben den altersgerecht angepassten Schulgebäuden vor allem noch die Einrichtungen der Schwimmhalle mit fünf Bahnen, die Dreifeldersporthalle, das Gewächshaus, die Cafeteria, die Musikschule, die Bibliothek, der Unterrichtsmaterialien-Shop, das Fußball- und Leichtathletikstadion und die 600 Personen fassende Multifunktionsaula für Konzerte, Konferenzen und Theater zu nennen.
Diese äußeren Rahmenbedingen führen dazu, dass die Ausbildung am CAQ nur einer sehr schmalen Oberschicht zugänglich ist und damit das soziale Gefüge der Schülerschaft auf keinen Fall als repräsentativ für Ecuador anzusehen ist. Die zur Verfügung gestellte Infrastruktur muss über die Gelder aus Deutschland und des Staates Ecuadors hinaus finanziert werden. Somit wird die finanzielle Liquidität der Schule und damit auch indirekt die Selektion durch das zu verrichtende Schulgeld gewährleistet. So beträgt das monatliche Schulgeld 340 US$ und die Nutzung des Schulbusses noch einmal zusätzlich monatlich 70 US$. Somit setzt sich die Schülerschaft neben den Diplomaten-Kindern, vor allem aus den Kindern von ökonomisch sehr potenten Familien zusammen.
Seit mittlerweile über 90 Jahren besteht die Deutsche Schule Quito und ist dabei immer stetig weiter gewachsen, so dass im Jahre 1999 der unvermeidliche Schritt des Umzuges von der Stadt in das heutige Territorium der Nachbarstadt Cumbaya geschehen musste. Dies war die Grundlage für das heutige weitläufige Gelände der Schule, auch wenn dadurch die direkte Nähe zur Stadt verloren gegangen ist. Jedoch durch das weitreichende und gut aufeinander abgestimmte Schulbussystem können Schüler aus entfernteren Regionen abgeholt werden, so dass dies keine Hinderung zur Teilnahme am CAQ darstellt.
Hospitationen
Die Hospitationen bezogen sich sowohl auf die von den beiden Didaktikbereichen vorgeschriebenen 20 Stunden curricularen Unterrichtsstunden pro Fach, als auch auf die Beobachtungen und Eindrücke aus den extra curricularen Veranstaltungen.
* Curriculare Hospitationen
Die durchgeführten Hospitationen in den Fächern Geschichte, Wirtschaft und Ethik waren sehr aufschlussreich in mehrerlei Hinsicht. So sind trotz gleicher Unterrichtsthematik vollkommen verschiedene Herangehensweisen zu beobachten gewesen. Auch war es interessant, wie verschiedene Lehrertypen die Klasse unterschiedlich angesprochen haben und zu unterschiedlichen Resultaten gekommen sind. Bedingt durch die bereits angesprochene Motivation und gelebten Freude der Lehrer am Unterrichten waren die Hospitationen für mich sehr gewinnbringend. So konnte ich viele Beobachtungen tätigen, die auch mein weiteres Handeln positiv bereicherten. So wurden beispielsweise historische Exkursionen in die Altstadt von Quito durchgeführt und viele Methoden im Unterricht angewandt, die für mich in der Praxis neu gewesen sind.
Da die Belastung der Klassen von der siebten Klasse an mit bis zu 40 Unterrichtsstunden in der Woche sehr hoch sind, habe ich mich entschlossen auch einmal eine Klasse einen Tag lang zu begleiten, um zum Einen die Klasse besser kennen zu lernen und zum Anderen zu erfahren, wie die Leistungskurve sich über acht Stunden am Tag verteilt. Dabei sollten auch spezielle Faktoren wie die Mittagspause oder verschiedene Schüler aktivierende Methoden in den Vordergrund der Betrachtungen gestellt werden.
Außerdem dienten die Hospitationen mir dazu, mich auf die zu unterrichtenden Klassen vorzubereiten und ihren momentanen Kenntnisstand, Zusammensetzung und Gruppendynamiken zu erfahren, so dass sich das anschließende Unterrichten problemloser gestalten ließ.
* Extra Curriculare Hospitationen
In dem Zeitraum meines Praktikums fielen die unterschiedlichsten Aktivitäten, die Einblicke in Organisationsstrukturen und außerschulische Aktivitäten geboten haben, wie z.B. Fußball- und Volleyballtreff, Theater- und Konzertaufführungen, Sprachtrainings, Hochschul- und Jobmesse, Elterntage und feierliche Vereidigung.
Die zwei letztgenannten Beispiele sollen das Gesagte einmal illustrieren:
Da wäre einmal die sehr eindrucksvolle „PROMESA CÍVICA“ also einen Eid, den jeder Bürger ab einem bestimmten Alter dem Staate Ecuador zu leisten hat. Hier im CAQ findet dieser Eid in der 11.Klasse statt und umfasst neben der feierlichen Eidbekundung auch eine Reihe von Auszeichnungen an besonders gute Schüler. Wobei am CAQ die ansonsten übliche militärische Zeremonie aufgeweicht worden ist und alles etwas humaner und ziviler von statten ging.
Ein anderes Beispiel ist der Elternsprechtag, der an einem Samstag abgehalten wird. Er bietet allen Eltern die Möglichkeit sich vor Ort bei den Lehrern auf Listen einzutragen. Dabei haben die Eltern die Möglichkeit alle Lehrer die ihr Kind unterrichten aufzusuchen, oder sich auf Problemfälle zu konzentrieren. Dieser zweimal im Jahr durchgeführte Lehrersprechtag hatte eine hohe Resonanz zu verzeichnen und bot Raum für Diskussionen.
Unterrichten
Das Unterrichten bietet dem Praktikanten immer den größten Erfahrungs- und Erkenntniszuwachs, da man zum aktiven Akteur wird und selber Unterrichtseinheiten planen, durchführen und reflektieren kann. Meine insgesamt 30 Stunden gehaltener Unterricht fanden alle im gymnasialen Sekundaria Bereich statt und sind sowohl vor siebten als auch 12. Klassen gehalten worden. Neben diesem Faktor des altersgerechten Unterrichten, lag mein Augenmerk vor allem auf die Verbesserung meiner Planungskompetenz und dem „freien“ agieren vor der Klasse. Herauszuheben ist auch hier wieder die Betreuung durch die Lehrer. Die mit ihrer weitreichenden Praxiserfahrung sowohl vor, als auch in der Auswertung sehr wichtige Hinweise geben konnten.
Zur Planungskompetenz ist hinzuzufügen, dass sich bereits in meinem dritten Schulpraktikum Entwicklungstendenzen aufzeigen lassen. So konnte immer öfter der zeitliche Rahmen der Stunde besser im Vorfeld der Stunde eingeschätzt werden und es ließen sich auch sinnvollere Sollbruchstellen und Alternativen besser antizipieren. Auch wurde das vorauszusetzende Niveau der Schüler in der Planung transparenter, so dass Leistungs- und Altersgerechte Methoden und Medien ausgewählt werden konnten.
Das, was einem Anfänger und auch mir immer wieder Schwierigkeiten bereitet hat und auch in der Zukunft noch bereiten wird, ist das freie agieren vor der Klasse. Das heißt sei es beim Entwerfen von Tafelbildern, oder im Unterrichtsgespräch spontan und fachlich angemessen auf die Schüler einzugehen und ihr Interesse an dem Lerngegenstand zu entfachen bzw. am lodern zu halten. Dabei konnte ich mich sehr eindrucksvoll an den Stunden meiner Mentoren in den Hospitationen orientieren und gelungene Interaktionsformen in meinen Unterricht einfließen lassen. Desweiteren war es teilweise eine große Herausforderung sich mit relativ neuen Themengebieten zu befassen, die bis dato in der universitären Ausbildung noch keine Rolle gespielt haben. Somit stand einige Male neben der didaktischen Aufbereitung des Lerngegenstandes auch noch die fachliche Auseinandersetzung parallel zu bewerkstelligen.
Eine Erweiterung meines medialen Horizontes ist es auch gewesen mit dem White Board in die Welt des Digitalen Unterrichtens einzutauchen und dabei die Vorzüge, aber auch Tücken dieses Systems kennen zu lernen.
Abschließend lässt sich formulieren, dass es eine sehr schöne Erfahrung gewesen ist, an einer solch großen und renommierten Auslandsschule als Praktikant tätig gewesen zu sein. Die Eindrücke, die morgens mit dem Weg zum Klassenraum, vorbei an Palmen und Kolibris, begonnen haben und abends mit einem familiär anmutenden Grillen mit den Lehrern ausklang, haben meine bisherige Lehrerausbildung um ein vielfaches Bereichert.
Obwohl vieles „Deutsch“ ist in mitten Quitos, so findet man doch noch eine Vielzahl an Unterschieden im Schulalltag. Sieht man einmal von den luxuriösen Rahmenbedingen ab, so bleibt ein Kollegium übrig, dass aus den verschiedensten Gründen hoch motiviert ist und eine Schülerschaft die ebenfalls in der Lage ist hohen Leistungsansprüchen gerecht zu werden.
Für mich hat sich die Vermutung bestätigt, dass der Auslandsschuldienst eine vollkommen denkbare Alternative bieten könnte. Sei es direkt nach dem Referendariat, oder als Unterbrechung des Alltags in Deutschland nach längerer Lehrertätigkeit.